Objekt des Monats April 2022
Relief-Portrait von Wilhelm Ostwald


Das Relief-Portrait von Wilhelm Ostwald schuf der Leipziger Bildhauer Carl Ludwig Seffner (1861–1932), der sich überwiegend der Portraitbildnerei widmete. Für seine Heimatstadt schuf er unter anderem 1897 die Denkmäler Kaiser Maximilians und Carl Heines, 1899 des Bürgermeisters Carl Wilhelm Otto Koch anlässlich des 50. Jahrestags dessen Amtsantritts sowie 1903 des jungen Johann Wolfgang Goethe als Leipziger Student. 1908 wurde er mit der Ausführung eines der heute bekanntesten Leipziger Denkmäler betraut, dem neuen Bachdenkmal vor der Thomaskirche. Das Bildnis Wilhelm Ostwalds schuf Seffner 1897 als flaches Marmor-Relief in annähernd natürlicher Größe.
Das Portrait zeigt Wilhelm Ostwald im Profil nach rechts gedreht in angedeutetem Tondo auf quadratischem Grund. Die Marmorplatte ist eingesetzt in eine hohe, hölzerne Rahmung auf rollbarem Fuß, verziert mit historistischen Ornamenten. Es war ein Geschenk von Ostwalds Studenten anlässlich der Einweihung des ersten ausschließlich für die Lehre und Forschung errichteten Instituts für Physikalische Chemie in der Linnéstraße in Leipzig. Auf einem Foto der Festveranstaltung zur Einweihung des Institutes vom 3. Januar 1898 ist das Marmor-Relief zu sehen. Dazu äußerte sich Ostwald in seinen Lebenslinien: „Die früheren Schüler hatten aus diesem Anlaß mein Bildnis als Marmorrelief durch den ausgezeichneten Leipziger Künstler K. Seffner herstellen lassen. Vielleicht in unterbewusster Vorausnahme dessen, was in naher Zukunft geschehen würde, hatten sie es nicht zur Aufstellung im Institut bestimmt, sondern mit oder vielmehr meiner Familie zum Eigentum übergeben.“ Das Relief mit Wilhelm Ostwalds Portrait steht nun im ehemaligen Labor des Chemikers in Großbothen.
Einige der Marmorbildwerke Seffners sind Beispiele für das Interesse des Künstlers an der farbigen Fassung von Bildwerken, dem partiellen Bemalen oder Tönen von Skulpturen. Ebenso wie der Leipziger Bildhauer, Maler und Grafiker Max Klinger (1857–1920), der sich durch gezielte Verwendung unterschiedlicher farbiger Werkstoffe in Bezug auf Stein bewusst von der üblichen Monochromie bei Skulpturen und Plastiken absetzte. Das Relief-Portrait aus Marmor von Wilhelm Ostwald ist ein Beispiel dafür, in welchem die partielle Bemalung besonders den rötlichen Bart des Nobelpreisträgers dezent aber doch wirkungsvoll hervorhebt.
Die Maße des Relief-Tondo betragen 42 cm im Durchmesser und 48 × 48 cm für die Marmor-Platte insgesamt. Der Holzständer ist 168 × 66 × 53 cm groß.
Quelle: Lebenslinien Wilhelm Ostwald