Objekt des Monats Januar
Das Halbschattenphotometer zur Grau- und Farbwertmessung



Ein Halbschattenphotometer – oder Hasch wie es von Ostwald abkürzend bezeichnet wurde – dient zur Messung von Weiß- und Schwarzgehalt, Helligkeit und Farbtönen. Ebenso können mit ihm beispielsweise Trübung, Deckfähigkeit und Glanz von Farben vermessen werden.
Zunächst versuchte Ostwald die Grauwerte wie üblich mit dem Farbkreisel durch Mischung von Weiß und Schwarz mittels Scheiben zu bestimmen Er wusste, dass jedes Weiß etwas Schwarz enthält, und ebenso jedes Schwarz etwas Weiß; und diese kann man nicht mit dem Kreisel messen. Er erfand deshalb das Halbschatten-Photometer, mit dem er reines Schwarz erzielte, indem er das Licht vollständig ausschloss. Die verschiedenen weißen Aufstriche oder Pulver konnte er damit vergleichsweise auf ihren Weißgehalt vermessen.
Die ursprüngliche Konstruktion besteht aus einem hölzernen Kasten, dem durch einen 45 Grad nach oben geneigten Tubus Licht zur Messung zugeführt wird. Diese Anordnung ist einerseits in Folge der theoretischen Definition der normalen Beleuchtung gewählt worden, und andererseits, weil dadurch eine intensive Beleuchtung durch Himmelslicht erreichbar ist. An dem oberen Ende des Tubus befindet sich eine Schlitzvorrichtung mit zwei unabhängig voneinander verstellbaren Öffnungen. Durch diese fällt Licht in die beiden Hälften des Photometers, welches durch eine Lichtdichte vertikale Scheidewand, die den Kasten in zwei symmetrische Hälften teilt, gebildet wird. Die zu vergleichenden Objekte werden jeweils auf den Boden der beiden Abteile gelegt. Auf der Oberseite befindet sich ein Photometerkopf nach Wolf, durch den das von den Objekten reflektierte Licht in das Gesichtsfeld geleitet wird.
Die Aufgabe war, die verschieden hellen Graustufen zu messen, wobei Weiß und Schwarz, zusammen Eins ergaben. Sein Hasch erlaubte ihm, die Beleuchtung des Normalweiß in definierter Weise zu vermindern und es so dem vorgelegten Grau gleich aussehend zu machen. War dies erreicht, so wusste er, welcher Bruchteil des auffallenden Lichts vom Grau zurückgeworfen wurde, nämlich derselbe Bruchteil, den das Weiß im Hasch empfing. Und damit war das Grau gemessen, denn dieser Bruch bezeichnete es eindeutig. Jede andere graue Farbe, welche den gleichen Bruchteil Weiß enthält, ist jener gleich. Wirft sie mehr Licht zurück, so ist sie heller, im anderen Falle dunkler, als jenes Grau. Damit hatte Ostwald die Möglichkeit an der Hand, beliebige Stufen Grau zu messen.
Die technische Lösung für diese Messmethode war nicht mit einem Akt zu finden, Ostwald erarbeitete sie durch bewusste Anstrengung. „Bisher hatte ich die mancherlei neuen Dinge, die ich zu entdecken so glücklich war, gefunden, wie man eine schöne Blume oder einen lieben Menschen findet: ich hatte die Augen offen gehalten und zugegriffen, wenn etwas im Gesichtsfelde erschien. Aber ich habe schon berichtet, daß der Energieaufwand hierbei viel größer war, als bei allen anderen Entdeckungen.“
Weitergehend berichtet Grete Ostwald in Ihrem Buch: „Sehr bald erfand mein Vater auch ein Photometer für die Westentasche. Zuerst war es ein etwa 8 × 3 cm großer Glasstreifen, auf den zehn Graustufen in Ölfarbe so gestrichen waren, daß Zwischenräume blieben. Auf irgend eine graue oder bunte Fläche gelegt, konnte man ablesen oder leicht schätzen, welche Helligkeit diese hatte, denn die Helligkeiten der Stufen waren ja bekannt. Später beklebte er schmale Papprähmchen von der Rückseite mit schmalen Graustreifen, Zwischenräume lassend, und schrieb auf der Vorderseite die Buchstaben zu jeder Sprosse der kleinen Grauleiter. Stets trug er solch ein Leiterchen bei sich. Er wußte die Stufen längst auswendig und freute sich unbändig, wenn auch andere das Auswendiglernen leicht fanden.“
Quelle: Wilhelm Ostwald, Lebenslinien, Wilhelm Ostwald Farbenlehre, Grete Ostwald Mein Vater